CerAM BJT: Wenn 3D-Druck auf Hochleistungskeramik trifft
Teil 1: Hochleistungskeramik – Weit mehr als nur Geschirr
Wenn die meisten Menschen das Wort “Keramik” hören, denken sie an Teller, Tassen oder Blumentöpfe. Doch die Welt der Hochleistungskeramik ist völlig anders – und revolutioniert bereits heute unseren Alltag, ohne dass wir es merken.
Hochleistungskeramik ist ein Wundermaterial des 21. Jahrhunderts. Diese speziellen keramischen Werkstoffe verkörpern Eigenschaften, die fast wie Science Fiction klingen: Sie sind härter als Stahl, hitzebeständiger als die meisten Metalle und chemisch so widerstandsfähig, dass ihnen selbst aggressive Säuren nichts anhaben können. Während herkömmliche Materialien bei extremen Temperaturen schmelzen oder sich zersetzen, behalten Hochleistungskeramiken ihre Festigkeit und Form.
Diese außergewöhnlichen Eigenschaften machen sie zu Schlüsselmaterialien in Bereichen, wo Präzision und Zuverlässigkeit lebenswichtig sind: In Düsentriebwerken von Flugzeugen, wo sie Temperaturen von über 1.000°C standhalten, in Medizinimplantaten, die jahrzehntelang im menschlichen Körper funktionieren müssen, oder in Schneidwerkzeugen, die härteste Materialien bearbeiten können.
Ein besonders faszinierendes Beispiel ist Titandioxid (TiO2) – ein keramisches Material, das Licht in Energie umwandeln kann. Diese photokatalytische Eigenschaft ermöglicht es, organische Schadstoffe im Wasser einfach durch Beleuchtung mit UV-Licht abzubauen. Stellen Sie sich vor: Ein Material, das Wasser reinigt, nur durch Lichtbestrahlung!
Das Problem war bisher: Wie formt man solche Hochleistungsmaterialien in komplexe, maßgeschneiderte Strukturen? Herkömmliche Fertigungsverfahren stoßen hier schnell an ihre Grenzen.
Teil 2: CerAM BJT – 3D-Druck revolutioniert die Keramikfertigung
Hier kommt CerAM BJT ins Spiel – eine bahnbrechende Technologie, die Ceramic Additive Manufacturing mit Binder Jetting verbindet. Einfach gesagt: Es ist 3D-Druck für Hochleistungskeramik, aber viel fortschrittlicher, als Sie es sich vorstellen können.
Wie funktioniert das Ganze?
Stellen Sie sich einen riesigen, präzisen Drucker vor, der statt Tinte ein spezielles Bindemittel verwendet. Das Verfahren beginnt mit einem feinen keramischen Pulver, das Schicht für Schicht aufgetragen wird – jede Schicht nur etwa so dick wie ein menschliches Haar. Ein computergesteuerter Druckkopf trägt dann selektiv einen organischen Binder auf die Stellen auf, wo später das Bauteil entstehen soll. Das Pulver verklebt genau dort, wo der Binder aufgetragen wurde.
Schicht um Schicht entsteht so ein dreidimensionales “grünes” Bauteil. Anschließend wird dieses in einem speziellen Ofen erhitzt: Erst werden die organischen Bindemittel bei etwa 400°C ausgebrannt, dann werden die Keramikteilchen bei Temperaturen bis zu 1.500°C zusammengesintert – ein Prozess, der dem Brennen von Töpferware ähnelt, nur viel präziser und heißer.
Die Vorteile sind beeindruckend
Geometrische Freiheit: CerAM BJT kann Strukturen herstellen, die mit herkömmlichen Methoden unmöglich wären. Verschachtelte Gitterstrukturen, interne Kanäle oder filigranes Wabendesign – alles kein Problem. Das unbeteiligte Pulver wirkt dabei als natürliche Stütze, sodass keine zusätzlichen Stützstrukturen benötigt werden.
Hohe Produktivität: Mit einer Baurate von bis zu 6.600 cm³ pro Stunde übertrifft das Verfahren viele andere 3D-Druck-Technologien deutlich. Dabei können gleichzeitig mehrere Bauteile in einem einzigen Druckvorgang hergestellt werden – wie eine ganze Familie von Komponenten, die gemeinsam “geboren” werden.
Große Bauräume: Während andere Keramik-3D-Drucker oft auf kleine Bauteile beschränkt sind, ermöglicht CerAM BJT die Herstellung von Komponenten bis zu 300×200×150 mm – groß genug für industrielle Anwendungen.
Materialvielfalt: Von photokatalytischen Titanoxid-Strukturen für die Wasserreinigung bis hin zu superharten Wolframkarbid-Werkzeugen – das Verfahren kann mit verschiedensten Hochleistungskeramiken arbeiten.
Herausforderungen gibt es natürlich auch
Das Verfahren ist noch relativ neu und bringt technische Herausforderungen mit sich. Die größte liegt darin, den Keramikanteil im Ausgangsmaterial zu maximieren, während gleichzeitig die mechanische Stabilität der “grünen” Bauteile gewährleistet wird. Zu wenig Keramik bedeutet hohe Schrumpfung beim Sintern, zu wenig Binder führt zu instabilen Bauteilen.
Bei photokatalytischen Materialien wie TiO2 kommt eine weitere Hürde dazu: Die photokatalytisch aktive Kristallstruktur (Anatas) wandelt sich bei hohen Temperaturen in eine inaktive Form (Rutil) um. Die Forscher müssen daher einen schmalen Temperaturgrat fahren – heiß genug zum Sintern, aber kühl genug, um die gewünschten Eigenschaften zu erhalten.
Anwendungen, die begeistern
Ein besonders faszinierendes Beispiel sind Wasserbehandlungsmodule aus photokatalytischem TiO2. Diese 3D-gedruckten Filterstrukturen können Medikamentenrückstände und andere organische Schadstoffe im Wasser abbauen – einfach durch UV-Beleuchtung. Für dezentrale Wasseraufbereitung oder in Regionen ohne entsprechende Infrastruktur könnte das ein Gamechanger sein.
Ausblick: Eine Technologie mit Zukunft
CerAM BJT steht erst am Anfang seiner Entwicklung. Mit fortschreitender Optimierung der Ausgangsmaterialien und Druckparameter werden die Bauteile immer dichter, die auflösung höher und die Anwendungsmöglichkeiten vielfältiger. Die Technologie hat das Potenzial, die Art, wie wir über Keramikfertigung denken, grundlegend zu verändern – von der Massenproduktion einfacher Formen hin zu maßgeschneiderten, hochkomplexen Bauteilen für spezielle Anwendungen.
In einer Welt, die immer individuellere und leistungsfähigere Lösungen benötigt, könnte CerAM BJT der Schlüssel sein, um die außergewöhnlichen Eigenschaften von Hochleistungskeramik endlich voll auszuschöpfen.